Vereinigtes Königreich

Mission erfüllt: Crossrail-Tunnelvortriebe beendet

Mit dem Durchbruch der Crossrail-Tunnelbohrmaschine Victoria in die Farringdon-Station am frühen Morgen des 23. Mai um 5.30 Uhr hat London ein Stück Tunnelbaugeschichte geschrieben: Victoria ist die letzte von acht Herrenknecht TBM, die ab Mai 2012 innerhalb von drei Jahren gemeinsam 42 Tunnelkilometer mitten durch das Herz der englischen Hauptstadt gegraben haben. Crossrail wird eine neue, bedeutende West-Ost-Verbindung durch die überlastete acht Millionen Einwohner Metropole bilden. Fünf zweiröhrige Tunnel von insgesamt 21 km Länge mit zehn neuen Stationen verbinden dafür die vorhandenen Ost- und Westlondoner Bahnnetzte.

Crossrail zu 65 % fertiggestellt

Der Bauherr, die Crossrail Ltd (CRL), hatte drei britisch-europäische Arbeitsgemeinschaften mit dem Bau der fünf Tunnelabschnitte beauftragt: Bam/Ferrovial/Kier JV mit den Western Tunnels, Dragados/Sisk JV mit den drei Abschnitten der Eastern Tunnels und Hochtief /Murphy JV mit dem Thames Tunnel. Herrenknecht lieferte sechs Erddruckschilde (EPB) für den Bau der Eastern- und Western Tunnels durch Londoner Ton, Sand und Kies. Zwei Herrenknecht Mixschilde fuhren den Thames Tunnel bis zu 15 m tief unter dem Flussbett auf.

Die Tunnelbohrmaschinen bahnten sich bis zu 42 m tief ihren Weg unter einigen der teuersten Immobilien der Welt vorbei an vorhandenen Metrolinien, Abwasser-, Ver- und Entsorgungskanälen sowie Gebäudefundamenten. Die Maschinen mit einem Schilddurchmesser von 7,08 m sind 147 m lang, wiegen bis zu 1100 t und haben eine Antriebsleistung von bis zu 1920 kW.

Betrieben von maximal 20 Mann pro Schicht – zwölf Mann auf der TBM, acht auf dem Nachläufer und über Tage – fuhren die Maschinen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Sie erreichten beeindruckende Vortriebswerte von bis zu 72 m und 45 Tübbingringen am Tag (TBM Ellie am 16. April 2014 auf der Strecke Pudding Mill Lane–Stepney Green). Im Durchschnitt wurde eine Vortriebsleistung von 38 m pro Tag erzielt.

Crossrail-Chef Andrew Wolstenholme drückte den Tunnelbau-Teams seine Anerkennung zum erfolgreichen Abschluss der Arbeiten innerhalb des vorgegebenen zeitlichen und finanziellen Rahmens aus. „Neue Herausforderung“, so Wolstenholme, „wird nun die komplizierte und umfangreiche Aufgabe sein, die Tunnel und die Stationen für die Inbetriebnahme von Crossrail auszubauen.“ Mit dem Abschluss der Tunnelvortriebsarbeiten sind 65 % des Crossrail-Gesamtprojekts fertiggestellt.

Fünf zweiröhrige Tunnelabschnitte wurden für das Crossrail-Projekt vorgetrieben:

Royal Oak–Farringdon, Vortriebsstrecke ca. 6,8 km

Limmo–Farringdon, Vortriebsstrecke ca. 8,3 km

Pudding Mill Lane–Stepney Green, Vortriebsstrecke ca. 2,7 km

Limmo–Victoria Dock Portal, Vortriebsstrecke ca. 0,9 km

Plumstead–North Woolwich, Vortriebsstrecke ca. 2,9 km

Demontage der Tunnelbohrmaschinen

In ähnlicher Weise wie zuvor die sechs TBM Mary, Sophia, Jessica, Ellie, Phyllis und Ada, werden nun auch Victoria und Elizabeth demontiert. Ihre 130 m langen Nachläufer werden über den Schacht bei Stepney Green aus dem Tunnel entfernt und an den Hersteller Herrenknecht zurückgegeben. Teile der Nachläufer werden für die Verwendung in neuen Tunnelprojekten aufbereitet. Die Schneidräder werden, zerlegt in kleine Stücke, durch den Farringdon-Schacht entfernt, während die Schilde beider Maschinen im Tunnel verbleiben.

Europas größte Infrastruktur-Baustelle – bis 2018

Crossrail schafft eine neue 118 km lange Bahnverbindung von Reading und Heathrow im Westen über das Londoner Zentrum bis nach Shenfield und Abbey Wood im Osten. Für das Crossrail-Projekt sind auf über 40 Baustellen bis zu 10 000 Arbeiter tätig. Die Bauarbeiten starteten 2009, die Inbetriebnahme erfolgt voraussichtlich Ende 2018; dann rechnen die Betreiber mit rund 200 Millionen Passagieren im Jahr. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf ca. 20,8 Milliarden Euro.

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