Brandschutz für Unterwassertunnel Bjørvika in Oslo

Beim Bau des Bjørvika-Unterwassertunnels in Oslo/Norwegen (Bild 1) werden ganz besonders hohe Ansprüche an den Brandschutz gestellt. Wie diese aussehen, wird im folgenden Beitrag kurz dargestellt.

Die für Tunnelstrukturen verantwortlichen Ingenieure stützen sich im Allgemeinen auf die Gebäudeentwurfsregeln, und zwar auf die Euro-Gesetze. Es wird die Temperatur im Betoninneren berechnet, woraus die Tragfähigkeit hervorgeht (Bild 2, 3). Diese Berechnungen eignen sich gut für zahlreiche Anwendungen, weisen aber Einschränkungen auf. Gemäss der Norm EN 1992-1-2, in der die Euro-Gesetze für Betonstrukturen übernommen werden, sind die Materialmodelle nur für Erhitzungsgeschwindigkeiten zwischen 2°C/Minute und 50°C/Minute geeignet, weil die Kriechverformungswirkungen nicht explizit berücksichtigt werden. Die norwegischen Behörden vertreten die Ansicht, dass dies zu falschen Ergebnissen führt. Sie zogen es vor, Modelle für Tunnelauskleidungen zu wählen, die auf eine schnellere Erhitzungsgeschwindigkeit ausgerichtet sind und der niederländischen RWS-Normbrandkurve entsprechen, bei der die maximalen Erhitzungsgeschwindigkeiten zwischen 200–240°C/Minute betragen.

Belastungen durch Wärmedehnungen in statisch unbestimmten Strukturen

Zur Bestimmung der geeigneten Feuerschutzverkleidung führten schwedische und norwegische Behörden im Laufe des Jahres 2006 eine Serie von Feuertests auf Schwerbeton mit 3 verschiedenen Produkten durch und kamen zu folgendem Schluss: Die Feuerbeständigkeit bezüglich Temperatur-Ansprechverhalten und Abplatzungen wurde experimentell für verschiedene Betonqualitäten ermittelt. Mit Polypropylen-Faserbeton wurden sehr gute Ergebnisse erzielt. Es bestehen jedoch große Fragen bezüglich des Langzeitverhaltens dieser Fasern, insbesondere was die Frostbeständigkeit und Chlorideindringung anbelangt.

Weltweit strengster Brandtest für Tunnel

Die Tests, die auf Beton mit bestimmten Schutzvorrichtungen durchgeführt wurden, waren nicht zufriedenstellend, denn obwohl die Ergebnisse der eingesetzten Produkte dokumentiert wurden, waren diese den extremen Beanspruchungen der Testserie nicht gewachsen. In der vorliegenden Studie wurden 3 verschiedene Systeme mit einer belasteten Platte mit einer Betondruckkraft von 5,5 MPa getestet, und alle haben versagt. Dementsprechend publizierte die norwegische Straßenbaubehörde im Juni 2007 (TR-2494) einen Bericht, der ihre Testmethode von Brandschutzsystemen in Tunneln beschreibt. Diese wird gemäß der RWS-Normbrandkurve erstellt, wobei das Biegemoment der statisch unbestimmten Struktur bestmöglich wiedergegeben wird, damit das von der ständigen Belastung unter Temperaturerhöhung geschaffene vollplastische Moment simuliert werden kann.

Die Straßenbaubehörde wollte die in den Niederlanden durchgeführte Brandtestmethode für Bohrtunnels nicht nachvollziehen, da bei dieser Methode keine der Belastungen, die bei statisch unbestimmten Strukturen zur Anwendung kommen, aufgenommen wird.

Die Brandversuche müssen auf großen nachgespannten Betonelementen ausgeführt werden, die eine Spannweite von 3,6 m aufweisen und in einen horizontalen Brennofen gelegt werden; die Platte wird einer Belastung von 4644 kN ausgesetzt, um auf der exponierten Seite eine theoretische Druckfestigkeit von 12,9 MPa anzuwenden (Bild 4).

Die norwegischen Behörden haben jedoch die Philosophie des französischen Rundschreibens 2000-63 Empfehlungen März 2005 übernommen, um den Versuch auf großen belasteten Platten (4 m x 3 m) auszuführen und einer Belastung auszusetzen.

Angesichts der kumulierten Anforderungen mit großer Breitenwirkung und Belastung bei einem Brand von 300 MW kann behauptet werden, dass FireBarrier 135 den weltweit anspruchsvollsten Brandtest für Unterwassertunnels und/oder statisch unbestimmte Strukturen bestanden hat.

Die Brandtests müssen in einem Labor mit ISO 9001- oder ISO/IEC 17025-Zertifizierung ausgeführt werden. Es wurde darüber hinaus verlangt, dass das Material auf Frostbeständigkeit gemäss EN 1387-1 (40 Zyklen von –20°C bis 10°C) geprüft wird und dass ein Dauerfestigkeitsversuch

(50 Mio. Zyklen) sowie Tests bezüglich Hochdruckreinigungsbeständigkeit (150 bar), Alkali- und Karbonatisierungsbeständigkeit durchgeführt werden.

Leistungen des Spritzmörtels

Nach 15 vorhergehenden Feuertests mit FireBarrier 135 in verschiedenen Labors (TNO, CSI, CSTB, SINTEF) unter Berücksichtigung verschiedener Normbrandkurven (RWS, HCinc, ISO), mit verschiedenen Betontypen (Druckfestigkeit zwischen 35 und 76 MPa), beschlossen Innovative Fire Systems und Thermal Ceramics den Auflagen der norwegischen Straßenbaubehörde zu entsprechen. 1 Jahr lang wurden intensive Tests durchgeführt.

Einige Tests in Bezug auf Feuerbeständigkeit, physische Merkmale und Langlebigkeit wurden im Schwedischen Nationalinstitut für Versuche und Forschung in Borås durchgeführt. Die Brandbelastung ist für ein 300-MW-Feuer während mindestens 2 Stunden ausgelegt (gemäß der RWS-Kurve). Die Oberflächen waren mit einer 36 mm dicken FireBarrier 135 Schicht geschützt, die ihrerseits mit einem 50 mm x 50 mm Drahtgeflecht aus rostfreiem Stahl, 1,9 mm Durchmesser, verstärkt und mit dem Beton mittels Abstandhaltern und Verankerungen alle 40 cm x 40 cm verbunden war. Nach 2 Stunden betrug die durchschnittliche Temperatur an der Schnittstelle weniger als 265°C.

Die Alkalibeständigkeit wurde gemäß der norwegischen Spezifikation getestet. Der Prüfkörper für die Feuerbeständigkeit muss mindestens 6 Wochen bei 23 ± 2°C (50 ± 5 % RF) vor Testbeginn aushärten/aufbereitet werden. Eine Probeserie (mindestens 5 Untersuchungsproben) wurde 2 Tage in 1 N NaOH (1 mol/l Natriumhydroxid) bei 23 ± 2°C eingelegt, mit destilliertem Wasser gespült und bei 23 ± 2°C (50 ± 5 % RF) mindestens 4 Wochen lang aufbereitet. Parallel dazu wurde eine andere Versuchsserie (mindestens 5 Untersuchungsproben) bei 23 ± 2°C (50 ± 5 % RF) mindestens 4 Wochen lang ohne vorherige Alkalieinwirkung aufbereitet.

Anschließend wurde die Haftzugfestigkeit gemäß EN 1542:1999 bei beiden Versuchsserien getestet. Die Haftzugfestigkeit des Feuerschutzes auf dem Referenzbeton wurde durch die alkalische Einwirkung nicht um mehr als 20 % reduziert und die Verkleidung zeigte keinerlei Schäden infolge der alkalischen Einwirkung.

Der Karbonisierungswiderstandstest wurde gemäß EN 13295:2004, Karbonisierungswiderstand infolge einer vom Verkehrsaufkommen verursachten CO2–Reaktion ausgeführt. Der Frostbeständigkeitstest wurde seinerseits gemäß EN 13687-1:2002 ausgeführt. Der Test wird nach 50 vierstündigen Zyklen abgeschlossen. Der Test besteht darin, dass der Beton 2 Stunden lang in einen Tank mit einer gesättigten Natriumchloridlösung bei einer Temperatur von –15 ± 2°C eingetaucht und anschließend 2 Stunden in einem Wassertank bei einer Temperatur von 21 ± 2 °C gelagert wird.

Der Dauerfestigkeitsversuch wurde gemäß der norwegischen Spezifikation ausgeführt: Der Brandschutz einschließlich der mechanischen Verankerungen entspricht den Anforderungen der Verkehrsbelastungen, denen der Tunnel ausgesetzt ist. Der Tunnel ist für 100?000 Fahrzeuge pro Tag ausgelegt.

Folgende dynamische Kräfte hinsichtlich Druck/Ansaugung wurden über 15 Mio. Zyklen hindurch angewandt: 1,97 Kpa Ablösung/1,56 Kpa Kompression.

Der Hochdruckreinigungsversuch wurde ebenfalls gemäß der norwegischen Spezifikationen ausgeführt. Der Brandschutz und seine Oberflächen müssen periodischen, normalen Tunnelreinigungen standhalten: 120 Reinigungsvorgänge mit 50–150 bar wurden eine Minute lang pro m2 mit einem Wasserausstoß zwischen 10 und 25 l/min/Düse aus 500 mm Entfernung zwischen den Düsen und dem Feuerschutz ausgeführt, um die gesamte Lebenserwartung zu simulieren.

Applizierung des Spritzmörtels

Beim Bjørvika-Tunnel werden über 35.000 m2 FireBarrier 135 vor Herbstbeginn appliziert. 60 Arbeiter und Techniker sind dazu eingesetzt. Die Baustellenorganisation sieht Teams vor, die jeweils für die Reinigung der Unterlage, die Montage der Gitter und der Führungssschienen, für das Aufspritzen und Glätten des Mörtels und die Montage der Dehnungsfugen zuständig sind (Bild 5).

Es wurde ein strenger Qualitätssicherungsplan eingerichtet, der folgende Überprüfungen vorsieht: Befestigungspunkte des Gitters, Zugversuche an den Verankerungen (100 daN/Einheit), Abstand des Trägers für die Abstandshalter, Ablesung der Mörteldicke sowie auch Mörtelproben zur Messung der Dichte, des Abbrandes und der Druckfestigkeit. Die Haftzugfestigkeit wird wöchentlich, also 4 x mehr als von der Auftraggeberin verlangt, vor Ort getestet.

Dehnfugen: die Schwachpunkte bei einem Tunnelbrand mit 300 MW

Die Kontaktpunkte (Übergänge) der versenkten Tunnelsegmente bestehen aus einer Dichtung aus Kautschuk mit sehr hoher Druckfestigkeit, die sich auch bei einer Temperaturerhöhung nicht verändert.

Die von den Entwicklern geschätzten Ausdehnungsbewegungen ergeben eine große Elastizität der gesamten Einheit auf einer Länge von 670 m im Unterwasserbereich.

Die Dehnungsfugen waren Gegenstand einer gemeinsamen Untersuchung von Statens Vegvesen und Innovative Fire Systems, mit dem Ziel, Lösungen der gesamten Fugenproblematik in Unterwassertunnels zu finden:

– Einer Feuerexposition nach RWS-Kurve hält eine leistungsfähige Gummidichtung (waterstop) einer Temperatur über 80°C nicht stand

– Die angenommene maximale Dehnungsbewegung beträgt 3,5 cm in der Tunnelmitte

– Die Hochdruckreinigung (150 bar mit 50 cm Abstand) wird 2 x jährlich ausgeführt.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, wurde in Zusammenarbeit mit der Auftraggeberin eine Produktlösung, bestehend aus vorgefertigten und gespritzten Komponenten, entwickelt, die einer permanenten Exposition bei 1350°C widersteht (Bild 6).

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