Brenner Basistunnel: Realisierungsstand

Leider ist der Bauzeitplan nicht mehr als pdf verfügbar.

Der 64 km lange Brenner Basistunnel (BBT) ist ein flach verlaufender Eisenbahntunnel zwischen Innsbruck/A und Franzensfeste/I. Er ist Teil der europäischen TEN 1 Achse, die den Ausbau eines länderübergreifenden Schienenkorridors vorsieht (Bild 1). Der BBT besteht aus 2 parallelen Hauptröhren sowie einem darunter liegenden Erkundungsstollen. Im März 2011 sind 16 km Erkundungsstollen und Zufahrtstunnel errichtet. Im folgenden Beitrag wird der aktuelle Stand der Arbeiten dargestellt.

1 Technisches Konzept

Der Brenner Basistunnel ist ein nahezu horizontal verlaufender Eisenbahntunnel mit zwei parallelen Röhren. Der Tunnel weist zwischen den Bahnhöfen Innsbruck und Franzensfeste eine Länge von 55 km auf und wird südlich von Innsbruck mit der bereits bestehenden auch unterirdisch verlaufenden Umfahrung verbunden. Mit dieser Umfahrung und dem Basistunnel entsteht damit die weltweit längste unterirdische Eisenbahnstrecke mit einer Gesamtlänge von etwa 64 km.

Mittig unterhalb der beiden Eisenbahntunnelröhren befindet sich 12 m tiefer ein Erkundungsstollen. Dieser wird zuerst abschnittsweise vor dem Bau der Hauptröhren errichtet, um hauptsächlich das Gebirge zu erkunden. Im endgültigen Ausbau wird dieser Erkundungsstollen durchgehend gebaut, sodass er dann als Entwässerungsstollen und bei Notwendigkeit als Dienststollen genützt werden kann [1].

Die wichtigsten Kenndaten des Brenner Basistunnels mit der Umfahrung von Innsbruck sind (Bild 2):

- Länge: 64 km
- Längsneigung:5,0 ‰ bis 6,7 ‰
- Scheitelhöhe des Basistunnels: 795 m ü.d.M.
- Nettoquerschnitt der Hauptröhren:ca. 43 m2
- Minimalquerschnitt des Erkundungsstollens: ca. 26 m2
- Abstand der Querschläge: 300 m.

2 Aktueller Realisierungsstand

2.1 Stand der Genehmigungen

Das technische Projekt und die Umweltverträglichkeit wurde bereits 2009 von den Staaten Österreich (15. April 2009 Eisenbahnrechtliche und UVP-Genehmigung) und Italien (31. Juli 2009 CIPE-Beschluss) genehmigt. Bis Ende 2010 wurden bauvorbereitende Arbeiten und etwa 15 km an Erkundungs- und Zugangsstollen gebaut. In der Phase I, zwischen 1999 und 2002 wurde das Vorprojekt erarbeitet. Ab 2003 bis 2008 wurden im Rahmen der Phase II über 26.000 m an Erkundungsbohrungen, das technische Einreichprojekt und die Planungen zur Umweltverträglichkeit durchgeführt.

Am 18. November 2010 wurde in Italien durch eine weitere CIPE-Genehmigung die weitere Finanzierung und der Beginn der Phase III (Realisierungsphase) beschlossen. In Österreich hat der Ministerrat am 1. Februar 2011 die weitere Finanzierung von Bauarbeiten zur Bauvorbereitung und vertieften Erkundung beschlossen. Mit der Errichtung der Hauptbaulose soll 2016 begonnen werden. Die Fertigstellung des Brenner Basistunnels ist für 2025 geplant.

2.2 Projektübergreifende Regelplanung (guide design)

Im Februar 2011 wurde die projektübergreifende Regelplanung europaweit ausgeschrieben. Durch diese gesamtheitliche Planungsgrundlage soll eine homogene und solide Basis für die Folgeplanungen gebildet werden. Die wesentlichen Elemente dieser gesamtheitlichen Planung sind:

- Überarbeitung der Trassierung mit Einarbeitung sämtlicher Optimierungen

- Normative Grundlagen und technische Vorgaben für die losbezogene Ausschreibungs- und   Ausführungsplanung

- Grundsätze für die Bemessung, die konstruktive Durchbildung für eine Lebensdauer von 200 Jahre

- Erstellen von detaillierten Schnittstellen- und Typenplänen

- Toleranzvorgaben (vermessungs- und baumethodenabhängige Toleranzen) unter Berücksichtigung der Folgegewerke

- Vorkehrungen für den bahntechnischen Ausbau.

Zusätzlich wird die gesamte Trassierung vom UTM in ein projektbezogenes Koordinatensystem BBT-TM gebracht, das durch eine transversale Mercatorprojektion erzeugt wird. Damit wird die mittlere Projekthöhe von 720 m orthometrische Höhe festgelegt, was ca. 770 m ellipsoidischer Höhe entspricht. Das Projekt liegt somit in einem Gebiet ca. 10 km östlich und westlich vom Mittelmeridian. In diesem Fall beträgt die Streckenverzerrung weniger als 2 bis 3 mm/km.

Im so geschaffenen Bezugssystem muss keine weitere Rotation durchgeführt werden, da die Meridiankonvergenz einfach zu berechnen ist und der sich daraus ergebende Reduktionseffekt auf die Richtungen unbedeutend ist (der Konvergenzwinkel beträgt ca. 4’).

2.3 Georeferenzierte Planungsgrundlagen

Die gesamte Planung des Brenner Basistunnels wurde auf georeferenzierten Daten aufgebaut [2]. Das Projekt wurde mit den Koordinaten UTM-WGS84 ausgearbeitet. Man bediente sich dabei der internationalen Vereinbarung, bei der die Projektion der ellipsoidischen geographischen Koordinaten WGS84 nach Gauss erfolgt. Mittels querachsiger Zylinderprojektion wurde mit einem Massstabsfaktor von 0.9996 und unter Verwendung des Streifens 32 gerechnet; bei diesem Ansatz ist der Mittelmeridian bei 9° Länge und besitzt eine E-Koordinate von 500 km, während die N-Koordinaten ihren Ursprung am Äquator haben.

as Projektgebiet liegt am östlichen Punkt 2°40’ vom Mittelmeridian des Streifens entfernt; daher ist auch die Meridiankonvergenz, sprich der Unterschied zwischen dem geographischen und dem Gitternord, beträchtlich. Daher ist es vorteilhaft, die Projektdaten in ein ebenes Bezugssystem zu transformieren, das den Trassierungstätigkeiten besser angepasst ist. Damit werden die Unterschiede zwischen den Projektdaten und den Trassierungsdaten minimal und auch am Rand unbedeutend:


System UTM-WGS84

- Ost = 692294,890

- Nord = 5206131,024

- H (UELN)= 804,942

- Long. = 11° 31’ 42.5775”

- Lat. = 46° 58’ 50.7947”

Der Berührungspunkt des Zylinders ans Ellipsoid ist der Schwerpunkt des Projektes, das ist der Hochpunkt der Projektachse (Ost-Röhre – Gl.1) und liegt in der Nähe der Staatsgrenze zwischen Italien und Österreich. Für die geographische Definition derselben werden folgende Kenndaten verwendet:

Ellipsoid WGS84

- Mittelmeridian des Streifens = 11° 31’ 42.5775”

- Gebrauchskoordinate

- Ost = y0 = 20000.000 m

- Gebrauchskoordinate

- Nord = x0 = -5105739,717 m

- Maßstab Faktor = 1.000121

Der Vorteil bei dieser Vorgehensweise liegt darin, dass für das gesamte Bauwerk ein einziges System verwendet werden kann, und dies ohne die Probleme, die normalerweise entstehen, wenn für jeden Tunnelabschnitt andere Systeme verwendet werden.

Das neue Bezugssystem, das von einer transversalen Mercatorprojektion erzeugt wird, trägt die Bezeichnung BBT_TM-WGS84 und wird folgende Koordinaten haben:
x (Nord); y (Ost).

3 Bauzeitplan

Das Bauprogramm des Brenner Basistunnels 2010 wurde auf Basis der UVP-Genehmigungen von vielen Optimierungen erstellt. Nach einer eingehenden Analyse wurde das Bauprogramm in Form eines Weg-Zeit-Diagramms erstellt. Notwendig war es dabei neben den verschiedenen Vortriebsmethoden auch die Planungs- und Ausschreibungs- bzw. Vergabezeiten zu berücksichtigen. Zusätzlich wurden internationale Erfahrungen bereits realisierter Tunnelbauten einbezogen. Das Weg-Zeit-Diagramm umfasst die gesamten Bautätigkeiten vom Rohbau bis zur Inbetriebnahme und die dazu notwendigen Planungsleistungen ohne Berücksichtigung der derzeit noch nicht bekannten Projektrisiken.

Das weitere Bauprogramm sieht eine Aufteilung der Arbeiten in 5 Hauptbaulose vor:

- 2 Baulose für den Erkundungsstollen und zur Bauvorbereitung sowie

- 3 Hauptbaulose.

Der durchgehende Erkundungsstollen wird etwa 1/3 konventionell und 2/3 maschinell vorgetrieben. Die Zufahrtstunnel werden ausschließlich konventionell hergestellt. Beim Bau der Hauptbaulose teilen sich die Bauverfahren auf etwa 1/4 konventionelle und 3/4 maschinelle Bauverfahren auf. Auch die Verbindungstunnel mit der Umfahrung von Innsbruck werden konventionell hergestellt.

Das Bauprogramm 2010 des Brenner Basistunnels wurde auf Basis der UVP-Genehmigungen, neuer baulogistischer Optimierungen und verbesserter geologischer und hydrogeologischer Kenntnisse erarbeitet. Dieser Bauzeitplan (wird in den Medien als Bergmeister-Plan bezeichnet) wurde im Aufsichtsrat der BBT SE genehmigt und bildet die Grundlage für die weiteren Investitionsmittelabflüsse und Bauvorhaben (Bild 3).

4 Prognostizierte Gesamtkosten

Die Kosten des Brenner Basistunnels wurden auf der Grundlage des Einreichprojektes 2008 großteils mit der Positionsmethode ermittelt. Zusätzlich wurden die Kosten der vorgeschriebenen UVP-Maßnahmen und der externen Bewertung berücksichtigt. Auch wurde eine Valorisierung der prognostizierten Gesamtkosten vom 1. Juli 2006 bis zum 1. Januar 2010 durchgeführt (Tabelle 1).

Im Risikoanteil wurden auf der Grundlage einer analytischen Risikoanalyse die identifizierten Risiken mit einer hohen und mittleren Eintrittswahrscheinlichkeit berücksichtigt. Zur Berücksichtigung der erwartbaren, aber derzeit noch nicht identifizierbaren und quantifizierbaren Risiken wurde auf der Grundlage der österreichischen ÖGG-Richtlinie: „Kostenermittlung für Projekte der Verkehrsinfrastruktur“ (Version 2005) eine Abschätzung der notwendigen Risikovorsorge aufgrund von langjährigen Erfahrungswerten für Infrastrukturprojekte vorgenommen [3]. Dieser zusätzliche Anteil errechnet sich auf 602 Mio. Euro. Aufgrund der österreichischen ÖGG-Richtlinie errechnet sich eine gesamte Risikovorsorge auf 1.144 Mio. Euro (theoretisch ermittelte Risikovorsorge mit mittlerer und hoher Eintrittswahrscheinlichkeit und die erwartbaren, aber derzeit weder quantifizierbaren noch identifizierbaren Risiken). Mit dieser Risikovorsorge errechnen sich die prognostizierten Gesamtkosten des Brenner Basistunnels bezogen auf den 1. Januar 2010 auf 8.062 Mio. Euro.

5 Geologische Erkenntnisse durch den Erkundungsstollen

Der Bau der Erkundungsstollen dient primär der Vorerkundung [4]. Beim Erkundungsstollen Innsbruck – Ahrental wird die geologische Dokumentation von internem BBT-Personal durchgeführt, um das Wissen und die Erfahrung für die weitere Planung zu verbessern. In geologisch schwierigen Abschnitten (Störzonen) wird jeder Abschlag dokumentiert, bei monotonen Verhältnissen bzw. Abschnitten mit gleichbleibender Geologie jeder zweite Abschlag. Bei der geologischen Ortsbrustkartierung wird der anstehende Gesteinstyp, die gesteinsphysikalischen Parameter wie Härte und Verwitterung, die Ausbildung und Raumstellung der maßgeblichen Trennflächen und die Bergwasserverhältnisse beobachtet, gemessen und aufgezeichnet. Die dabei erhobenen Daten werden über die Tunneldatenbanksoftware „2-DOC“ verwaltet und entsprechende Abschlagsberichte erstellt. Ebenso werden kontinuierlich geologische Längenschnitte erstellt, die die aufgefahrene Geologie zusammenfassend darstellen. Ebenso erfolgt in regelmäßigen Abständen eine Berichterstattung an die zuständige Behörde.

Wertvolle Erkenntnisse konnten bereits bei beiden Erkundungsstollenabschnitten im Innsbrucker Quarzphyllit und im Brixner Granit gewonnen werden (Bild 4).

5.1 Innsbrucker Quarzphyllit

Die beiden Tunnelbauwerke Erkundungsstollen Innsbruck – Ahrental und der Zufahrtstunnel Ahrental des Erkundungsloses Innsbruck – Ahrental liegen zur Gänze in Gesteinen der Innsbrucker Quarzphyllitzone. Diese Tunnelabschnitte werden zyklisch mittels Sprengvortrieb erstellt [5]. Die Innsbrucker Quarzphyllitzone ist auf den ersten ca. 14 km des BBT-Tunnelsystems vom Portal Innsbruck aus zu durchörtern. Sie reicht von Innsbruck, im Westen begrenzt durch das Wipptal, bis in das Navistal, wo sie mit Gesteinen des Tauernfensters verschuppt bzw. durch eine großangelegte Störungszone mit Gesteinen des Tauernfensters getrennt ist.

Der „Quarzphyllit“ ist eine Wechsellagerung aus unterschiedlichen Phylliten mit quarzitischen und gneisigen Lagen. Es ist ein Gestein, das schiefrig bis dünnplattig bricht und hauptsächlich aus Schichtsilikaten (Glimmer) und Quarz besteht. Die Schieferung als Haupttrennfläche liegt flach. Der Quarzphyllit ist aufgrund seines hohen Glimmeranteils ein dichtes Gestein, es wurden vorab nur sehr geringe Wasserzuflüsse in den Tunnel prognostiziert. Die in ihm eingelagerten, kleinräumigen Kalkmarmor- und Dolomitmarmorkörper können mit Bergwasser angereichert sein. Werden sie beim Tunnelvortrieb „angestochen“ rinnt dieses Wasser binnen Tagen aus und versiegt dann. Dies wird trefflich mit dem Begriff des „Ausblutens“ bezeichnet.

5.1.1 Erkundungsstollen Innsbruck - Ahrental

Der Ausbruchquerschnitt dieses fast 6 km langen Stollens beträgt etwa 26 m2. In diesem Abschnitt konnten Abschlagslängen bis zu 2,20 m aufgefahren werden. Aufgrund einer Ausarbeitung der Oberflächengeologie wurden für den Erkundungsstollen mehrere Schwäche- bzw. Bruchzonen, sog. Störungszonen prognostiziert. Entlang dieser Störungszonen wurde das Gestein durch gebirgsbildende Prozesse zerbrochen und zerrieben. Gerade für die Querung des Lanser Sees wurden mehrere derartige Bruchlinien aufgrund Oberflächenkartierungen und Luftbildauswertungen vorhergesagt. Es wurde daher befürchtet, dass der Tunnelvortrieb beim Anschneiden derartiger Störungen den Wasserhaushalt des Lanser Sees gefährden könnte. Tatsächlich wurde im Tunnelvortrieb bei der Unterfahrung des Lanser See Gebietes ungestörtes Gebirge angetroffen. Die insgesamt anfallenden Bergwassermengen betragen bislang nur knapp 0,1 l/s und sind damit deutlich weniger als die ohnehin gering prognostizierten Bergwassermengen. Bislang wurden keine mächtigeren Störungen aufgefahren, das Gebirge zeigte nur abschnittsweise eine tektonische Beanspruchung in Form von wenige Zentimeter mächtiger Scherbänder, entlang deren der Quarzphyllit zu einem tonigen Zerreibsel aufgearbeitet ist. Bei ca. Tunnelstation 2400 m ist eine weitere Großstörung prognostiziert, die sogenannte Ahrentalstörung. Der Tunnel soll diese Störung im rechten Winkel, also auf kürzestem Weg durchstoßen. Generell sind Störungen im Quarzphyllit ab einer gewissen Teufe – man geht von ca. 50 m Teufe aus – praktisch dicht und nicht wasserführend. Sie bergen ab einer gewissen Überlagerung mehr die Gefahr des langsamen und stetigen Bergdruckes, der Tunnelbauer spricht von einem „druckhaften“ Verhalten (Bild 5).

5.1.2 Fensterstollen Ahrental

Der Ausbruchquerschnitt des 2,4 km langen Fensterstollens beträgt etwa 90 m2; dieser Abschnitt wird zyklisch, also zuerst die Kalotte, dann die Strosse und die Sohle, vorgetrieben.

Durch die Nähe des Fensterstollens Ahrental zur Wipptalstörung, welche die Gesteine der Ötztaler und Stubaier Alpen von der großen Quarzphyllitmasse trennt, ist das Gebirge in diesem Tunnel von Anbeginn an deutlich zerlegt. Bis Tunnelmeter ca. 30 standen eiszeitliche Schotterablagerungen im oberen Teil des Tunnelquerschnitts an. Lockergesteine und Unterfahrung der Autobahn machten daher einen Vortrieb im Schutze eines Rohrschirms (2 x 18 m) erforderlich.

Auch traten von Anbeginn an im Quarzphyllit immer wieder Linsen und Bänke aus Kalkmarmor auf, die zumeist wasserführend waren, aber rasch „ausbluteten“. Erschwerend beim Tunnelvortrieb sind jene Trennflächen, die steil nach Westen einfallen, was der Wipptalrichtung entspricht. Beim Vortrieb selbst waren daher bislang nur kurze Abschlagslängen bis max. 1,3 m möglich. Aufgrund der regionalgeologischen Situation sollten sich die Gebirgsverhältnisse aber mit zunehmender Entfernung zur Wipptalstörung sukzessive bessern.

5.2 Brixner Granit

Die tektonische Einheit des Brixner Granits permischen Alters besteht aus Granit und untergeordnet aus aplitischen und pegmatitischen Gängen. Sie ist nicht metamorph, wurde jedoch durch die alpine Gebirgsbildung tektonisch beansprucht. Dadurch ist der Komplex von spröden Störungen geprägt.

Beim Brixner Granit handelt es sich um ein leukokrates mittelkörniges Gestein mit isotroper Textur. Die Auswertung von 40 Dünnschliffanalysen ergab eine Mineralzusammensetzung des Gesteins von 30 bis 40 % Quarz, 20 bis 30 % Orthoklas, 20 bis 30 % Plagiklas und 10 bis 15 % Biotit. Sekundärminerale sind helle Glimmer, Clorit, Albit, Titanit, Epidot, Calcit und opake Minerale. Das Gestein enthält häufig Mikrorisse mit ca. 20 µm Mächtigkeit, welche mit Calzit, Albit, hellen Glimmern und Quarz gefüllt sein können.

5.2.1 Erkundungsstollen Aicha – Mauls

Der über 10 km lange Erkundungsstollen Aicha - Mauls befindet sich zur Gänze im Brixner Granit. Die geologische Prognose sah 18 Störungen vor; davon wurden 8 Störungen angetroffen. Im Bereich von Tunnelmeter 2560 wurde eine nicht prognostizierte Störung angetroffen, welche geringe Deformationen und Rissbildungen in den Tübbingen verursachte. Die mächtigste Störung ist die Weissenbachstörung, welche bei Tunnelmeter 5830 mit einer Mächtigkeit von 50 m prognostiziert war. Diese Störung trat früher, also bereits bei Tunnelmeter 5760 bis 5864 auf. Sie war begleitet mit zahlreichen Wasserzutritten. Bei Tunnelmeter 6151 wurde eine ca. 5 m mächtige zum Tunnel parallel verlaufende nicht prognostizierte Störung angetroffen. Diese geologische eher unbedeutende Störung verursachte jedoch durch ihre parallele Orientierung zur Tunnelachse starke Deformationen bis zu 60 cm der Tübbinge. Es kam zu einem knapp 4 monatigen Stillstand der Tunnelbohrmaschine.

Für den Erkundungsstollen Aicha - Mauls gab die Prognose 150 l/s (stabilisiert) und 290 l/s (maximal) an. Tatsächlich zeigt der Trend eine stabilisierte Schüttung von 70 l/s. Die maximalen Schüttungen lagen bei ca. 200 l/s.

Die Prognosen für den Gesamtwasserabfluss aus dem Fensterstollen Mauls waren 25 l/s (stabilisierte Schüttung) und 230 l/s (maximale Schüttung). Tatsächlich liegt die stabilisierte Schüttung bei ca. 6 l/s und die maximale Schüttung bei ca. 10l/s (Bild 6).

Aus 180 Proben aus dem Erkundungstunnel Aicha wurde eine Wichte des Gesteins von 2,67 kN/m³ ermittelt. Die ein–axiale mittlere Druckfestigkeit beträgt dabei 142 MPa (Standardabweichung 33 MPa). Die Prognose war mit einer mittleren einaxialen Druckfestigkeit von 133 MPa angegeben. Die mittlere Abrasivität nach Cerchar ergab 3,87 (Standardabweichung 0,67).

Der Brixner Granit zeigt ein standfestes Gebirgsverhalten. In einzelnen Fällen kam es zu bergschlagähnlichen Phänomenen. Im Bereich der „damage zone“ von Störungen kam es zu instabilen Ortsbrüsten. Diese wurden durch zusätzliche ungünstige Kluftsysteme hervorgerufen. Im Bereich der „core zone“ der Störungen kam es vereinzelt zur tiefgreifenden Überbeanspruchung des Gebirges.

6 Europäische Dimension und Ausblick

Der prioritäre TEN-Korridor Nr. 1 von Berlin (eigentlich Rostock) nach Palermo mit mehr als 2400 km neuer Bahnverbindung befindet sich zu einem großen Teil bereits in Bau oder in Betrieb (Bild 1). Zu diesem Streckenabschnitt gehören auch die neue Brennerbahn mit der Unterinntalstrecke und dem Brenner Basistunnel. Erwähnenswert sind dabei, dass der Bahnabschnitt von Neapel bis Verona bereits durchgehend seit Dezember 2009 in Betrieb ist und die 42 km lange Unterinntalstrecke Ende 2012 in Betrieb gehen wird [1]. Bereits 1994 wurde die Umfahrung von Innsbruck gebaut, welche Teil der unterirdischen Streckenführung zum Brenner Basistunnel wird.

Der Bau des Erkundungsstollens schreitet zügig voran. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sowie verschiedene Projektoptimierungen werden im Rahmen einer projektübergreifenden Regelplanung (guide design) integriert. Dadurch kann eine einheitliche Basis für die weiteren Ausschreibungs- und Ausführungsplanung des Brenner Basistunnels geschaffen werden. Im Jahre 2011 sollen noch der Fensterstollen Ampass und der Fensterstollen von Wolf sowie weitere Abschnitte des Erkundungsstollens durch die periadriatische Naht zwischen Mauls und Trens ausgeschrieben werden. Begleitet werden diese Erkundungen von einem sorgfältigen Monitoring und numerischen Simulationen zur Erfassung der Wasserpenetration und des zeitlich abhängigen geomechanischen Verhaltens.

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