Katzenbergtunnel auf der Autobahn A3: Brandschutz in der Nordröhre mit 25 Axialventilatoren
Der 570 m lange Katzenbergtunnel auf der deutschen Autobahn A3 bei Würzburg wird derzeit mit einem Investitionsvolumen von insgesamt rund 44 Millionen Euro in offener Bauweise errichtet. Der erste Bauabschnitt, die Nordröhre, wurde am 1. März 2018 in Betrieb genommen und ist mit einer mechanischen Längslüftung ausgerüstet worden. In fünf Fünfergruppen angeordnet, plus eine Anlage als Reserve (eingelagert in der Autobahnmeisterei Kist), werden hier Systemair-Jetventilatoren eingesetzt, um bei einem Brandereignis den Rauch einseitig vom Brandort in Richtung Ausfahrtsportal ins Freie abzuführen. So sind die Tunnelnutzer vor den Rauch- und Hitzewirkungen geschützt, ein rauchfreier Verkehrsraum ist gesichert.
Die Bundesautobahn A3 gehört zu den am stärksten belasteten Verkehrsadern Deutschlands. Täglich sind hier im Nord-Süd-Transit etwa 95 000 Fahrzeuge unterwegs, davon knapp ein Viertel Schwerlastverkehr. Der Freistaat Bayern hat vor diesem Hintergrund den Neubau des 570 m langen Katzenbergtunnels bei Würzburg als eines der ersten relevanten Projekte überhaupt in die Kategorie „kritische Infrastruktur“ eingestuft. Denn wenn auf der A3 wegen Problemen im Tunnel nichts mehr läuft, dann bricht auch der gesamte Verkehr in der Umgebung, speziell in Würzburg selbst zusammen – mit katastrophalen Folgen für den Einsatz von Feuerwehr oder Rettung im Ernstfall.
Be- und Entlüftung über Strahlventilatoren
Entsprechend differenziert und umfassend ist das im Tunnelneubau installierte technische Sicherheitssystem ausgelegt; im Speziellen die Be- und Entlüftung der nördlichen Tunnelröhre über Strahlventilatoren. Denn neben dem möglichst langen Funktionserhalt der Tunnellüftung im Brandfall (mindestens 90 Minuten) stellten in dieser Röhre die baulichen Rahmenbedingungen eine besondere Herausforderung dar: Die Nordröhre mit einer lichten Breite von 19 bis 22 m und vier Fahrstreifen ist wie ein leichtes „S“ gleich zweifach verschwenkt. Zudem überbrückt sie auf einer Länge von 570 m ein Gefälle von 3,95 % in Richtung des westlichen Ausfahrtsportals. Der natürliche Luftaustausch über den teilweise massiven Winddruck aus dem am westlichen Tunnelausgang gelegenen Tal funktioniert also im Brandfall nicht. In der Praxis wird dieser weitgehend konstant anliegende Westwind sogar durch den in der Tunnelröhre vom Verkehr erzeugten Luftdruck komplett aufgehoben.
Aufwändige Berechnungen zur
Lüftungsauslegung im Vorfeld
Um diese dynamischen Druckverhältnisse in den Griff zu bekommen, wurde die Tunnelröhre zum Start mit 25 Systemair-Axialventilatoren vom Typ AJ 1000 TR mit je 30 kW Leistung ausgestattet. Ein weiterer Ventilator steht als Reserve zur Verfügung. Darüber hinaus wurden die Ventilatoren so unter der Tunneldecke montiert, dass bei höherem Lüftungsbedarf problemlos pro Gruppe je ein Ventilator nachgerüstet werden kann. Die gesamte redundant ausgelegte SPS-Steuerungstechnik dafür ist bereits in den Schaltschränken in der Tunnelwand bzw. im Steuerungszentrum der Tunnelanlage vorbereitet. Gleiches gilt für die in den Beton integrierte Verkabelung.
Die von „HBI Haerter“ (Heidenheim, Deutschland) als verantwortlichem Lüftungsplaner ausgelegte und von „GBI Gackstatter Beratende Ingenieure“ (Stuttgart, Deutschland) realisierte Lüftung ist dabei so konzipiert, dass die Axialventilatoren des in der Regel im Richtungsverkehr betriebenen Tunnels mit bestimmender Rauchabzugsrichtung sektionsweise schalten und so den im Brandfall entstehenden Rauch in Fahrtrichtung in den von Fahrzeugen leeren Tunnelabschnitt abtreiben. Die erzeugte Geschwindigkeit ist ausreichend hoch, um den Rauch sicher einseitig abtreiben zu können und damit auf der mit Personen und Fahrzeugen belegten Tunnelseite in Fahrtrichtung auf den Brand hin Sichterhalt und Rauchfreiheit zu gewährleisten – eine zwingende Voraussetzung zur schnellen und möglichst vollständigen Räumung der Tunnelröhre im Ernstfall.
Die von HBI im Vorfeld der Planungen erstellten Berechnungen wurden durch einen praktischen Leistungsnachweis eines Strahlventilators auf dem Prüfstand von Systemair in Windischbuch auch in der Praxis bestätigt. Ein praktischer Rauchtest vor Ort in Anwesenheit der Feuerwehr sowie der zuständigen Behörden bestätigte diese theoretischen bzw. Prüfstand-Leistungen dann nochmals.
Ventilatoren sollen im Brandfall mehr als zwei Stunden einsatzfähig bleiben
Sämtliche in der Würzburger A3-Tunnelröhre installierten Ventilatoren sind im Übrigen reversibel ausgelegt. Dann liegt der effektive Wirkungsgrad des Volumenstroms immer noch bei knapp 22 m³ pro Sekunde, also nur etwa zehn Prozent unter der Leistung im Normalbetrieb. GBI-Projektingenieur Matthias Falck: „Die installierte Leistung ist also analog zur RABT-Richtlinie so ausreichend bemessen, dass selbst im meteorologischen Ausnahmezustand eines permanenten Winddrucks auf dem Ostportal und gleichzeitigem Brandereignis im Tunnel die Rauchlasten problemlos talwärts aus dem Tunnel abgeleitet werden können.“ In jedem Fall wird die Funktionssicherheit dank der Temperaturfestigkeit der aus Edelstahl gefertigten Axialventilatoren bei 400 °C über den geforderten Zeitraum von mindestens 90 Minuten gewährleistet. In der Praxis kann man aber von einer tatsächlichen Betriebsdauer von zwei Stunden und mehr ausgehen, da die Spitzentemperaturen direkt am Ventilator im Brandfall in der Regel erst mit Zeitverzögerung anliegen. Achim Wöhrle, Key Account Manager bei Systemair: „Wir gehen bei diesem Ventilatorentyp generell von mindestens 120 Minuten aus. Das bestätigen auch unsere Prüfungen.“
Materialschonende Ansteuerung
Im Normalbetrieb sind die im Würzburger Tunnel installierten Strahlventilatoren abgeschaltet. Der für die Bedarfslüftung notwendige Luftaustausch wird über die natürliche Westwind-Einströmung gewährleistet. Sie sorgt im Übrigen gleichzeitig für eine fast permanente geringe Rotation der Ventilatoren zum Schutz vor Festsetzen.
Im Brandfall erfolgt die Inbetriebnahme der Strahlventilatoren über eine intelligente Steuerung, die wie das Gesamtkonzept dieser Tunnelinstallation von OSMO Anlagenbau aus Georgsmarienhütte geplant und bis zur letzten Schaltschrank-Klemme auch umgesetzt wurde: Lösen die Brandmeldeanlagen Alarm aus, werden die Ventilatoren im betreffenden Brandschutzabschnitt unter Einbeziehung der Messwerte zur natürlichen Luftströmung gleitend angefahren. Dafür ist jeder Ventilator mit einem eigenen Frequenzumrichter ausgestattet, der für bedarfsgerechte Drehzahlen sorgt. Achim Wöhrle: „Das schont die Ventilator-Technik, zahlt also direkt auf den längeren Funktionserhalt im Brandfall ein.“
Materialschonung stand – in diesem Zusammenhang – auch hinter der vergleichsweise aufwändigen Deckenmontage der Strahlventilatoren. Aufgrund der Längs- und Querneigung der Tunnelröhre wirken im Betriebszustand auf die Ventilatoren überdurchschnittlich hohe Lasten ein, die in diesem Fall durch zusätzliche Aufbaurahmen mit Puffern für die gleichmäßige Lastverteilung abgefangen werden.
Branderkennung
Für die Branddetektion selbst sind verschiedene Systeme installiert. Linienförmige Wärmemelder informieren beispielsweise über den Temperaturverlauf in der Tunnelröhre und Streulichtsensoren messen den Partikelgehalt in der Luft, so dass „jeder Brandfall in weniger als 60 Sekunden erkannt wird“, beschreibt Matthias Falck das Sicherheitskonzept. Diese kurze Auslösezeit dürfte dabei normalerweise noch unterschritten werden, da dem Brandereignis vorausgehende Ereignisse über die optische Sensorik der in der gesamten Tunnelröhre verteilten Videokameras erfasst und automatisch ausgewertet werden. Die vier hinterlegten
Bilder sind hier Personen auf der Fahrbahn bzw. auf den Notgehwegen, Rauch, herabgefallene Ladung und Stau.
Redundante Energieversorgung
Der Funktionserhalt der Entrauchung hängt im neuen Autobahntunnel aber verständlicherweise nicht allein von den Ventilatoren und ihrer Leistung bzw. ihrem Zusammenwirken ab, sondern mindestens genauso von deren zuverlässiger Energieversorgung. Insgesamt waren mehr als 24 t Kabel pro Lüfter zuzüglich Steuerkabel notwendig, um das zu gewährleisten.
Um den Strombedarf des Tunnels in Summe abzudecken, ist im Betriebsgebäude eine Mittelspannungsschaltanlage mit zwei Trockentransformatoren à 1000 kVA aufgebaut worden. Als Netzersatzgerät wird ab 2019 ein 300 kVA-Dieselgenerator zur Verfügung stehen. Kommt es dennoch zu einer Versorgungsunterbrechung, sorgt eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) mit 200 kVA Leistung für den mindestens einstündigen Weiterbetrieb der Brandmeldeanlage, der Sicherheitsbeleuchtung und des digitalen Betriebsfunks.
Südröhre nachrüstbar
Nach der Inbetriebnahme der nördlichen Röhre des Katzenbergtunnels folgt nun der Bau der Südröhre. Während dieses zweiten Bauabschnitts wird die Nordröhre im Gegenverkehr betrieben, mit drei Fahrspuren in Fahrtrichtung Frankfurt und zwei Spuren in Richtung Nürnberg.
Der Bau der zweiten Tunnelröhre erfolgt zwar mit einer vergleichbaren Sicherheitstechnik, aber – zunächst – ohne mechanische Belüftung. Matthias Falck: „Rein rechnerisch sollte hier die von Westen kommende natürliche Luftströmung ausreichen, die nach Osten aufsteigende Südröhre im Brandfall rauchfrei zu halten. Vor allem, weil außerdem die Steigung des Tunnels und die Fließrichtung des Verkehrs identisch sind.“ Sollte sich nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts allerdings herausstellen, dass diese natürliche Strömungsdynamik nicht wie angenommen funktioniert, können auch hier fünf Fünfergruppen Systemair-Axialventilatoren problemlos nachgerüstet werden: Präventiv wurden die notwendigen Befestigungspunkte dafür inklusive Verkabelung ebenfalls schon geplant.
Die Nordröhre wird im Endausbau über vier Fahrstreifen von jeweils 3,50 m Breite verfügen, die Südröhre erhält drei Fahrstreifen. Hinzu kommen beidseitig Rettungsgehwege von 1 m Breite. Die lichte Höhe beträgt durchweg mehr als 6,20 m.
Mit der Fertigstellung der Gesamtbaumaßnahme ist 2019 zu rechnen. Dann werden beide Tunnelröhren abschließend noch mit einer mehrere Meter starken Erdschicht überdeckt.
Achim Wöhrle, Key Account Manager, Systemair GmbH, Boxberg-Windischbuch, Deutschland/Germany