Erfassung von Bergwasser

Speziell entwickelte Noppenbahn im Gotthard-Basistunnel

Zur flächenhaften Erfassung von Sicker- und Kluftwasser wurde im Gotthard-Basistunnel eine speziell entwickelte Noppenbahn verbaut.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Betriebssicherheit und Langlebigkeit eines Tunnels besteht darin, schädliches Bergwasser von der inneren Auskleidung und dem Verkehrsraum fernzuhalten. Leistungsfähige und langlebige Dränageschichten sind deshalb besonders wichtig. Auch beim Gotthard-Basistunnel wird das nachsickernde Bergwasser flächenhaft erfasst und zu einem Dränrohr mit 600 mm Durchmesser am Fußpunkt des Tunnelgewölbes abgeleitet. Dafür wird eine speziell für diesen Einsatz entwickelte Kunststoffnoppenbahn der Dörken GmbH & Co. KG, Herdecke/D, direkt gegen die stabilisierende und filternde Spritzbetonschicht montiert. Sie soll verhindern, dass die Kunststoffdichtungsbahn als eigentliche Tunnelabdichtung durch drückendes Wasser belastet wird.

Zulassungsprüfung für Abdichtungssysteme

Bei den beiden in Bau befindlichen Schweizer AlpTransit-Basistunneln stellen die schwierigen Rahmenbedingungen durch hohe Überlagerungen und hohe Gebirgstemperaturen sowie die lange Gebrauchsdauer, extreme Anforderungen an die Abdichtung und an die Dränage der Tunnelbauwerke. Die Gefährdungsbilder rund um das Bergwasser einerseits und die hohen Anforderungen an die eingesetzten Werkstoffe andererseits haben die Auftraggeber veranlasst, ein Zulassungsprüfungsverfahren für Abdichtungssysteme auszuschreiben. Bei der Durchführung der umfangreichen Prüfungen hat sich gezeigt, dass die dem Stand der Technik von 1996 entsprechenden Standard-Abdichtungssysteme die Anforderungen für die AlpTransit-Basistunnel nicht erfüllen konnten. Mit den gewonnenen Erkenntnissen ist es jedoch im Rahmen der Zulassungsprüfung gelungen, die Systeme so weiter zu entwickeln, dass der Gebrauchstauglichkeitsnachweis auch für dieses hohe Anforderungsprofil erbracht werden konnte. Bei der Entwicklung und Durchführung des Prüfverfahrens ist außerdem deutlich geworden, dass nicht allein die Qualität der eingesetzten Materialien entscheidend ist, sondern dass Abdichtung und Dränage unter Berücksichtigung der Baustellenbedingungen als System betrachtet werden müssen.

Hoch alkalisch, sauer und heiß

Aus diesem Grund ging Dörken eine Systempartnerschaft mit einem Abdichtungsbahnenhersteller ein und die gemeinsame Lösung wurde als Abdichtungssystem von der AlpTransit Gotthard AG zertifiziert und zugelassen. Wichtigste Auflage dabei: Die verwendeten Dränagebahnen müssen eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren haben - das Ganze bei sehr ungünstigen Rahmenbedingungen, denn das hochalkalische Sicker- und Kluftwasser ist stellenweise sauer und durch geothermische Effekte bis zu 45° C heiß. Für den Gotthard-Basistunnel wurde deshalb eine spezielle, in höchstem Maße chemisch stabilisierte Dränagebahn entwickelt. Delta-AT 1200 ist dabei äußerst robust und stabil, hat ein Flächengewicht von 1200 g/m² und eine Druckfestigkeit von 950 kN/m².

Strenge Auflagen bei Entwicklung und Produktion

Im Prozess der Entwicklung, Abstimmung und Modifizierung bis hin zur Freigabe durchlief die neue Noppenbahn ein sehr strenges Zulassungs- und Prüfungsverfahren. So wurden die Bahnen über 24 Monate gealtert; dabei wurden sie bei 50°C heißer, 0,5-prozentiger Schwefelsäure und bei 70°C heißem, mit Sauerstoff angereichertem Wasser gelagert und anschließend erneut getestet. Auch die Produktion der Bahnen erfüllt höchste Standards. Während der Fertigung werden regelmäßig Muster entnommen und mit einem Oxidation Induction Times (OIT) Test auf Einhaltung der festgelegten Rezeptur und Qualität geprüft. Zusätzlich werden im Auftrag der Schweizer Bauleitung regelmäßig Rollen der jeweiligen aktuellen Produktion entnommen und in akkreditierten Schweizer Prüflaboren wie der Tecnotest AG und dem EMPA auf Einhaltung der technischen Daten überprüft. Erst nach Freigabe der Qualität durch die Schweizer Prüflabore dürfen die produzierten Chargen der Dränagebahn auf der Tunnelbaustelle angeliefert werden.

Seit 2009 wird noch eine weitere Hochleistungsdränagebahn im Gotthard-Basistunnel verbaut. Delta-AT 800 ist eine etwas leichtere Variante der Delta-AT 1200 und wurde für Bereiche entwickelt, wo die Anforderungen insgesamt etwas geringer sind. Die Bahn ist durch den Einsatz derselben hochwertigen Rezeptur zwar ebenso langlebig, hat jedoch ein Flächengewicht von „nur“ 800 g/m² und eine Druckfestigkeit von 650 kN/m².

Über 500.000 m2 Delta-AT 1200 und 350.000 m2 Delta-AT 800 wurden bis Mai 2011 im Gotthard-Basistunnel verbaut.

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