Deutschland

Einschalige wasserundurchlässige Tübbingauskleidungen in Deutschland

Im Zeitraum zwischen 1974 und 2008 wurden in Deutschland über 110 km Tunnelstrecke mit einschaligen, wasserundurchlässigen Betontübbingen und einem Innendurchmesser zwischen 2,37 m und 12,35 m erfolgreich hergestellt. Damit wurden in 34 Jahren in Deutschland durchschnittlich 3 km Tunnelstrecke pro Jahr – mit erheblich steigender Tendenz in den letzten Jahren – im Schildvortrieb mit einschaliger Tübbingauskleidung aus Stahlbeton aufgefahren. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick.

In Deutschland wurden bis Ende 2008 über 2,5 Mio. m2 Ausbruchfläche – bezogen auf den Außendurchmesser der Tunnel – mit einer einschaligen, wasserundurchlässigen Tübbingauskleidung dauerhaft gesichert. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht der bisher in Deutschland erstellten Bauwerke mit einschaliger, wasserundurchlässiger Tübbingauskleidung aus Stahlbeton.
Der Streckenanteil der U-Bahn-, Stadtbahn- und S-Bahn-Tunnel beträgt 41  % (45  km), der Eisenbahntunnel 25  % (27  km), der Versorgungs- und Entsorgungstunnel einschließlich sonstiger Tunnel 28  % (31  km) und der Straßentunnel 6  % (7  km). Auffällig ist der geringe Anteil der Straßentunnel sowie ihre ausschließliche Funktion zur Unterquerung von großen Fließgewässern in Norddeutschland. Der Anteil der Eisenbahntunnel hat gerade in den letzten Jahren stark zugenommen, insbesondere durch den Bau des Katzen-bergtunnels mit einer Gesamtlänge beider Röhren von 17,9 km.
Bei den innerstädtischen U- und Stadtbahn-Tunnelbauwerken überwiegen mit Innen-durchmessern zwischen 5,4 und 6,4  m die eingleisigen Tunnelröhren deutlich. Die erheblichen Unterschiede der Durchmesser der eingleisigen Tunnelröhren resultieren aus den lokal genutzten Zugsystemen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen an das Lichtraumprofil. Zweigleisige U-Bahn-Tunnel mit Tübbingaus-kleidung, wie bei der Stadtbahn Düsseldorf, sind in Deutschland die Ausnahme.
Tabelle 1 zeigt alle bis 2008 in Deutschland erstellten Tunnelbauwerke mit einschaliger Tübbingauskleidung. Bemerkenswert sind hierbei die ausgeführten Tunnel mit extrem kleinem Durchmesser unter 4  m, die üblicherweise mit Vortriebsrohren gesichert werden.
Ein Vorläufer der einschaligen Tübbingauskleidungen mit Kompressionsdichtung in den Fugen war der 1970 in Stutt-gart gebaute Sammler West mit 4,22  m Außendurchmesser. Der 790  m lange Sammler wurde einschalig mit Wendeltübbingen ausgekleidet. Die Abdichtung gegen bis zu 0,8  bar Wasserdruck erfolgte durch Verfüllen der Fugen auf der Tübbinginnenseite mit Zementmörtel [1].
Erste Anwendungen der einschaligen Tübbingauskleidungen erfolgten in Deutschland bei der U-Bahn München Los U8/1-7.1 – Fraunhoferstraße mit einer Isarunterquerung [2] sowie beim Sammler Wilhelmsburg in Hamburg [3] im Jahr 1974. Die Fugenabdichtung erfolgte hier jeweils mit Dichtungsprofilen aus Neopren in Form einer Kompressionsdichtung.
Nicht weiter eingegangen wird in dieser Veröffentlichung auf Tunnelbauwerke in zweischaliger Bauweise mit einer primären Tübbingauskleidung, wie sie beispielsweise beim Wandersmann-Tunnel (NBS Köln–Rhein/Main) oder bei den Tunnelbauwerken für die Trink-wasserversorgung der Landes-hauptstadt München eingesetzt wurden. Bild 1 zeigt den Tübbingeinbau beim Schildvortrieb mithilfe eines Erektors mit Vakuumsaugplatte.

Geometrie der Tübbingauskleidungen
Wird zur Beurteilung der „Schlankheit“ einer Tübbingauskleidung das Verhältnis von Innendurchmesser zur Tübbingdicke herangezogen, so ergeben sich bei den in Tabelle 1 gezeigten Auskleidungen in Deutschland Werte zwischen 9,5 (Köhlbrandtunnel Ham-burg) und 23 (Herrentunnel Lübeck). Die sehr geringen Werte unter 15 ergeben sich aus konstruktiven Anforderungen an die Querschnittsgestaltung der Tübbinge, insbesondere bei kleinem Tunneldurchmesser. Die bei wasserundurchlässigen Tübbingauskleidungen sehr wichtige Form der Nutausbildung für das Dichtungsprofil sowie die notwendigen Druckübertragungsflächen in den Fugen lassen eine beliebige Verkleinerung der Tübbingdicken oft nicht zu.
Die üblichen Ringteilungen liegen in Deutschland bei 6 bis 9 Segmenten je Ring. Die Anzahl der Segmente je Ring wird hierbei durch die Länge der Segmente (in Ringrichtung) sowie durch das Verhältnis der Segmentlänge zur Segmentdicke und zur Ringbreite bestimmt. Mit kleinerem Tunnel-durchmesser nimmt die Anzahl der Segmente je Ring ab. Weiterhin begrenzen geometrische Gründe, z.  B. für den Segmenttransport in den Nach-läufern der Vortriebsanlage, die Segmentgrößen.
Waren in den Anfangsjahren in Deutschland mittlere Ring-breiten von 1,2  m die Standardausführung, so sind in den letzten 20 Jahren Ringbreiten von bis zu 2  m Breite – insbesondere bei großem Tunneldurchmesser – üblich. Die deutliche Tendenz zu größeren Ringbreiten resultiert im Wesentlichen aus wirtschaftlichen Gründen (größere Vortriebsleistungen, geringere Produktionskosten). Weiterhin ist die Ringbreite durch den Tunneldurchmesser und die Trassierungsradien (Ringkonizität) begrenzt. Ringbreiten über 1,5  m bleiben deshalb auch weiterhin den großen Tunneldurchmes-sern vorbehalten. Die Entwicklung zu größeren Ringbreiten ist aus konstruktiven und baubetrieblich-verfahrenstechnischen Gründen zu einem vorläufigen Endpunkt gelangt.
Die Ringfugen wurden in den 1970er- und 1980er-Jah-ren im Regelfall mit einer Nut-und-Feder-Verbindung ausgeführt. Ab Mitte der 1990er-Jahre hat sich dann die weniger schadensanfällige Topf-und-Nocke-Verbindung in Deutschland durchgesetzt. Im Festge-stein mit guter Bettung der Tübbingauskleidung wurden die Ringfugen auch „eben“, d.  h. ohne Verzahnung der Ringe untereinander, ausgeführt. Beispiele hierfür sind der Pegnitztalsammler Nürnberg, der Katzenbergtunnel und der Neue Tunnel Schlüchtern.
Die Längsfugen wurden in der Regel „eben“ ausgeführt. Eine Ausnahme bilden die Längsfugen am Schlussstein, bei denen eine Verzahnung notwendig ist, um eine radiale Verschiebung des Schlusssteins nach dem Ringbau zu verhindern. Die Regelausführung in Deutschland sind hier Nut-und-Feder-förmige Verzahnungen.
In den 1970er- und 1980er-Jahren wurden in Deutschland bei Verkehrstunnelbauwerken noch so genannte Kassetten-tübbinge verwendet. Beim Sammler Wilhelmsburg wurden hingegen bereits 1974 so genannte Blocktübbinge verwendet, um eine hydraulisch günstigere Innenseite zu erhalten. Ende der 1980er-Jahre haben sich die robusteren Blocktübbinge in Deutschland endgültig durchgesetzt.
Kassettentübbinge waren insbesondere bei hohen Vor-triebskräften im Bereich der Stege empfindlich und damit schadensanfällig. Weiterhin ist die Wanddicke im Kassettenbereich mit 12,5  cm bei einer wasserundurchlässigen Beton-konstruktion aus heutiger Sicht sehr gering.
Haben in den Anfangsjahren der Anwendung in Deutschland noch Auskleidungen, bestehend aus Links-, Rechts- und Parallel-ringen, überwogen, so ist auch hier ab den 1990er-Jahren aus wirtschaftlichen Gründen auf einen zusätzlichen Parallelring verzichtet worden. Gleichzeitig sind auch Universalringe erfolgreich in Deutschland verwendet worden. Beispiele hierfür sind das Baulos U5/9-5 der U-Bahn München, das Baulos 3.1 der U-Bahn Berlin und aktuell der City Tunnel Leipzig und der Neue Tunnel Schlüchtern.
Nachdem im europäischen Ausland Erektoren mit einer Vakuumsaugplatte (z.  B. Grauholztunnel/CH) zum Versetzen der Tübbinge erfolgreich eingesetzt wurden, erfolgte dies erstmalig in Deutschland Anfang der 1990er-Jahre bei der Stadt-bahn Essen, Baulos 34 und bei der Stadtbahn Köln, Baulos M1. Anschließend hat sich das Ver-setzen mit Vakuumerektoren auch in Deutschland als wirtschaftliches Verfahren durchgesetzt. Zum Versetzen mit einer Vakuumsaugplatte besitzen alle Tübbinge in ihrem Zentrum 2 konische Vertiefungen, in die beim Versetzen Stahldorne an der Erektorsaugplatte eingreifen (Zentriervorrichtung, Anschlagsicherung). Mechanische Versetzhilfen in Form eines Stahldorns und einer Greifklaue am Erektor werden seitdem in Deutschland nur noch ausnahmsweise, insbesondere bei Tunnelbauwerken mit kleinem Durchmesser, verwendet (z.  B. Pegnitztalsammler Nürnberg).
Auch Tunnelbauwerke mit sehr kleinen Trassenradien werden in Deutschland mit einschaligen Tübbingauskleidungen erfolgreich erstellt. Beispiele im Bereich der Verkehrstunnel sind der Herrentunnel mit einem minimalen Kurvenradius von 400  m (Straßentunnel mit 2 Fahrstrei-fen), die U-Bahn Düsseldorf, Los K-S, mit einem Kurvenradius von 300  m (zweigleisiger Stadtbahntunnel) und die Stadtbahn Mülheim, Bauabschnitt 8, mit 200  m Kurvenradius (eingleisiger Stadtbahntunnel) [4].
Tabelle 2 zeigt wesentliche geometrische Eigenschaften einschaliger, wasserundurchlässiger Tübbingauskleidungen in Deutschland.

Interaktion Vortriebsanlage – Tübbingauskleidung
Beim Schildvortrieb mit Tübbingauskleidung bilden beide Komponenten bauzeitlich ein Gesamtsystem. Bei der Wiederverwendung von Vortriebsanlagen wird das Tübbingde-sign deshalb stark beeinflusst. Beispiele für die Verwendung gebrauchter Vortriebsanlagen in Deutschland sind der Herren-tunnel Lübeck, die U-Bahn Düsseldorf (Los K-S) und der Pegnitztalsammler Nürnberg (Bauabschnitt IV, Los 2).
Beim Herrentunnel Lübeck wurde die Vortriebsanlage des Wesertunnels Dedesdorf wiederverwendet. Obwohl bei beiden Bauwerken das Profil RQ 26t für Straßentunnel zu berücksichtigen war, musste aufgrund der engeren Trassenradien beim Herrentunnel von 400  m der Innendurchmesser – aufgrund der höheren Straßenquerneigung – um 10  cm vergrößert werden. Weiterhin war die Ausrüstung des Hydroschilds mit 12 Pressen-schuhen sowie 12 nachgerüsteten, zusätzlichen Hilfspressen für den Ringbau, für einen Tübbing-ring mit einer 6+1-Teilung und einem Innendurchmesser von 10,4  m, nicht optimal. Trotzdem konnte ein angepasstes Tübbingdesign entwickelt und erfolgreich umgesetzt werden. Die ungünstigen Randbedingungen für das Tübbingdesign konnten durch eine deutliche Erhöhung des Bewehrungshalts auf 150  kg/m3 beim Herrentunnel kompensiert werden.
Beim Los K-S der U-Bahn Düsseldorf wurde eine Vortriebsanlage wiederverwendet, die zuvor in Kairo einen Tunnel aufgefahren hatte. Aufgrund der beteiligten französischen Unternehmen war der Hydroschild mit 15 Pressenschuhen ausgerüstet. Damit war ein in Deutschland übliches gerades (symmetrisches) Teilungsmaß der Tübbingauskleidung bei einem Halbstein-Versatz der Ringe untereinander nicht möglich. Beim damals in Deutschland üblichen Tübbingdesign bestanden die Normalsteine aus je einem Kreissegment sowie dem Schlussstein und die beiden Flankensteine zusammen aus 2 Kreissegmenten. Bei einer ungeraden Anzahl der Pressenschuhe und einem Halbstein-Versatz der Ringe hingegen müssten die Flankensteine aus 2 Kreissegmenten und der Schlussstein aus einem zusätzlichen halben Kreissegment bestehen. Die erfolgreiche Anpassung erfolgte durch Vergrößerung der Flankensteine bei Beibehaltung des Halbstein-Versatzes. Der Einschub des Schlusssteins erfolgte hierbei – abweichend von der üblichen Verfahrensweise in Deutschland – mit 2 Pressenschuhen.
Beim Pegnitztalsammler Nürnberg, einem Stauraumkanal mit 4,4  m Innendurchmesser und einem Trockenwetter-gerinne in der Sohle aus Ortbeton, wurde ein Hydroschild vom U-Bahn-Bau in London (Jubilee Line Extension, C107) wiederverwendet. Der Schild war mit 16 Vortriebspressen ausgerüstet. Durch einen in Deutschland bisher unüblichen 1/3-Steinversatz zwischen den einzelnen Ringen erfolgte die Anpassung an die 5+1-teilige Tübbingauskleidung des Pegnitztalsammlers. Die großen Segmente des Rings wurde hierbei jeweils durch 3 Pressenschuhe, der Schlussstein durch 1 Pressenschuh belastet.

Bewehrung
Als Standard wird eine Be-tonfestigkeitsklasse B45 bzw. C35/45 und höher nach neuer Normengeneration in Deutschland für Tübbinge verwendet. Mit Ausnahme der ersten in den 1970er-Jahren erstellten Tüb-bingauskleidungen sind in Deutschland alle Tübbinge mit Baustahl 500 bewehrt. Überwiegend werden Stabstahl und nur untergeordnet auch Stahlmatten zu Bewehrungskörben verarbeitet.
Mit Ausnahme einer 100  m langen Versuchsstrecke bei der Stadtbahn Essen, Los 34, wurden bisher keine stahlfaserbewehrten Tübbinge bei einschaligen Auskleidungen in Deutschland verwendet. In Essen wurden im Jahr 1995 für die Tübbinge 60  kg/m3 Stahlfasern von Typ Dramix ZC 50/6 verwendet. Neben ungünstigen Randbedingungen, die eine alleinige Bewehrung mit Stahlfasern nicht zulassen, hatte dies auch mit der fehlenden Nor-mung von Stahlfaserbeton in Deutschland zu tun. Hierdurch ist der Einsatz von stahlfaserbewehrtem Beton nur mit einer Zustimmung im Einzelfall möglich. Innovative Bewehrungs-konzepte – wie beispielsweise die Kombinationsbewehrungen aus Faserbeton mit einer Stabstahlbewehrung als Ergänzung – wurden bisher in Deutschland nicht ausgeführt, sind aber in der Zukunft zu erwarten.
Wie die ausgewählten Beispiele in Tabelle 3 zeigen, bewegen sich die Bewehrungsgehalte der Tübbinge in Deutschland zwischen 70 und 150  kg/m3. Beeinflusst werden die Bewehrungsgehalte neben den Anforderungen aus dem Gebrauchszustand besonders auch aus Belastungen im Bauzustand, hier vor allem aus den Einwirkungen der Vortriebspressen. Insbesondere die hohen Bewehrungsgehalte über 120  kg/m3 haben ihre Ursache oft in ungünstigen Einwirkungen im Bauzustand. Ein Beispiel hierzu sind die Tübbinge des Herrentunnels Lübeck. Bild 2 zeigt am Beispiel des Katzenbergtunnels die Herstellung von Bewehrungskörben für Tübbinge.
Schildspurverfüllung
Beim Einbau der Tübbinge im Schildschwanz entsteht verfahrensbedingt zwischen dem Tübbingring und dem umgebenden Gebirge ein Spalt, die so genannte Schildspur. Bei den in Deutschland gebauten Tunnelbauwerken beträgt die Dicke der Schildspur zwischen 12 und 20  cm. Vereinzelt wurden auch noch geringe Dicken, z.  B. Hera Hamburg mit 7,5  cm Dicke, ausgeführt. Diese geringen Dicken der Schildspur sind allerdings nicht mehr Stand der Technik. Mit größerem Tunnel-durchmesser steigt die Dicke der Schildspur tendenziell an.
Zur Gewährleistung der Tragfähigkeit der Tübbingauskleidung ist eine vollständige Verfüllung der Schildspur notwendig. Sie erfolgt deshalb mit einem pumpfähigen Zementmörtel. Vereinzelt wurden in Deutschland auch zementfreie „Mörtel“ unter Zugabe puzzolaner Stoffe – aus verfahrenstechnischen Gründen – erfolgreich eingesetzt. Bei Betriebsunterbrechungen wird hierbei ein Ansteifen des zementgebundenen Mörtels in den Transportleitungen vermieden. Der Mörtel zur Schild-spurverfüllung soll bei Vortrieben im Lockergestein dabei mindestens die Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften des umgebenden Gesteins erreichen. Im Festgestein sind gegebenenfalls auch geringe Festig-keits- und Steifigkeitseigenschaften ausreichend.
Besonders hohe Anforde-rungen an den Verpressmörtel ergeben sich bei Vortrieben in gering durchlässigem Gestein, da hier kein Abfiltern des Überschusswassers erfolgt und das Ansteifen des Mörtels sich verzögert bzw. eine Korn-zu-Korn-Tragwirkung nicht erfolgt. Folgen waren das Auf-schwimmen des Rings beim Verlassen des Schildschwanzes sowie ein Verschieben einzelner Ringe, insbesondere beim Auffahren kleiner Kurvenradien.
In den 1970er- und 1980er-Jahren erfolgte die Schildspur-verfüllung in Deutschland noch durch Kunststoffventile in den einzelnen Tübbingen. Seit den 1980er-Jahren erfolgt die Verfüllung der Schildspur im Regelfall durch in den Schild-schwanz integrierte Leitungen NW 65  mm kontinuierlich – druck- und volumengesteuert durch Dickstoffpumpen – während des Vortriebs.
2-Komponenten-Mörtel wurden in Deutschland zur Schildspurverfüllung bisher nicht eingesetzt. Aufgrund viel versprechender Anwendungen weltweit ist zukünftig auch in Deutschland mit einer verstärkten Anwendung zu rechnen. Insbe-sondere in kohäsivem Lockergestein sowie im Festgestein sind sinnvolle Anwendungen zu erwarteten.

Statische Berechnungen
Grundlage für die statischen Berechnungen der Tübbingaus-kleidungen in Deutschland waren jeweils die gültigen technischen Vertragsbedingungen der einzelnen Auftraggeber. Die wesentlichen Gemeinsamkeiten für die Planung der ganz überwiegenden Anzahl der Tunnelbauwerke waren die Empfehlungen zur Berechnung von Tunneln im Lockergestein aus dem Jahr 1980 [5] bzw. die überholte Empfehlung zur Berechnung von schildvorgetriebenen Tunneln aus dem Jahr 1973.
Als statisches System für den Gebrauchszustand diente hierbei ganz überwiegend ein elastisch gebetteter Stabzug. Für die Berücksichtigung der Beanspruchungen aus den Bauzuständen wurden Lösungsansät-ze aus der Literatur für die Bestimmung der notwendigen Spaltzugbewehrung und in den letzten Jahren auch verstärkt FE-Modelle verwendet (z.  B. Scheibentragwirkung der Tüb-binge unter Vortriebskräften).


Abdichtungssystem
Grundsätzlich wurden die Tübbinge aus wasserundurchlässigem Beton (Beton mit hohem Wassereindringwider-stand) hergestellt. Die Abdich-tung der Fugen erfolgte grundsätzlich durch elastomere Kompressionsdichtungen.
Bisher wurden in Deutsch-land über 2500 km Fuge mit elastomeren Kompressions-dichtungen dauerhaft abgedichtet. Die planmäßige Nutzungsdauer der Tunnelbauwerke beträgt in Deutschland 100 Jahre.
Bei der 4. Röhre Elbtunnel Hamburg und beim Katzenbergtunnel wurden in Deutschland erstmals einschalige Tübbingauskleidungen auch bei Wasserdrücken über 5  bar mit elastomeren Kompressionsdichtungen ausgeführt. Bei der 4. Röhre des Elbtunnels wurde ein zusätzlicher Dichtungsrah-men auf der Tübbinginnenseite angebracht (2. Dichtungsebene). Durch 4 zusätzliche Querstege je Segment werden Längsumläufigkeiten zwischen den beiden Dich-tungsebenen verhindert.
Bei der Stadtbahn Duisburg, Teilabschnitt 7/8A, wurde erstmals 1998 eine Probestrecke, bestehend aus 10 Tübbingringen mit einem verankerten Dichtungsprofil der Phoenix AG, ausgerüstet. Obwohl die Ausführung mit den verankerten Dichtungsprofilen erfolgreich verlaufen ist [6], sind danach in Deutschland keine weiteren Abdichtungen mit verankerten Dichtungsprofilen mehr bekannt. Tabelle 4 zeigt ausgewählte Beispiele für die Verwendung von Dichtungsprofilen in Deutschland.
Aktuelle Hinweise zum Stand der Fugenabdichtung sowie zur Prüfung der Dichtungsprofile sind in den Empfehlungen der STUVA [7, 8] enthalten. Die STUVA-Empfehlungen haben zwischenzeitlich auch Eingang in die ZTV-ING gefunden, die für Ingenieur-bauwerke im Zuständigkeitsbereich des Bundesverkehrsministeriums verbindlich sind. Bild 3 zeigt die Montage der elastomeren Dichtungsprofile zur Gewährleistung der Wasserundurchlässigkeit in den Tübbingfugen.

Schlussbemerkung
Stehen während der Bauzeit oft die spektakulären Schildvortriebsanlagen im Vordergrund der Aufmerksamkeit, so ändert sich dies nach Fertigstellung der Tunnelbauwerke, da nur die Tübbingauskleidungen als Bau-werk dauerhaft verbleiben.
Mit dem Finne-Eisenbahntunnel (Innendurchmesser 9,60  m) und der U-Bahn U4 – Anbindung Hafencity in Hamburg (Innen-durchmesser 5,60  m) – haben im Sommer 2008 die Vortriebsarbeiten für weitere 19,2  km Tunnelstrecke mit einschaliger Tübbingauskleidung in Deutschland begonnen.
Bei der Wehrhahn-Linie Düsseldorf, Los 1 (Innendurchmesser 8,30  m) und dem XFEL Röntgenlasertunnel Hamburg, Los 1 + 2 (Innendurchmesser 4,60  m und 5,40  m), sind weitere 8  km Tunnelstrecke mit einschaliger Tübbingauskleidung bereits beauftragt. Der Beginn der Vortriebsarbeiten ist jeweils im Jahr 2010 geplant.


Literatur
[1] Meldner, V.: Einschaliger Tunnelausbau mit Stahlbetontübbings, tis Tiefbau Ingenieurbau Straßenbau, H. 8, 1975, S. 508–510.
[2] Distelmeier, H.: Montage von Stahlbetontübbings bei Tunnelbauten mit Schildvortrieb, Beton- und Stahlbe-tonbau 14 (1975), H. 5, S. 120–125.
[3] Arge Sammler Wilhelmsburg: Sammler Wilhelmsburg in Hamburg, 1976.
[4] Flath, Th.: Einschalige, wasserdichte Tübbingauskleidungen, Beton (2007), H. 1 + 2, S. 2–6.
[5] Deutsche Gesellschaft f. Geotech-nik, Arbeitskreis Tunnelbau: Empfeh-lungen zur Berechnung von Tunneln im Lockergestein (1980), Bautechnik 57, 1980, H.10, S. 349–356.
[6] Gipperich, Ch.; Kassel, D., Schubert, J.; Haack, A.: Verfahren zum Einbau einer verankerten Tübbing-dichtung, Bauingenieur 74 (1999), Nr. 2, S. 98–104.
[7] STUVA: Empfehlungen für die Prüfung und den Einsatz von Dich-tungsprofilen in Tübbingauskleidungen, tunnel 8/2005, S. 8–21.
[8] STUVA: Empfehlungen für die Verwendung von Dichtungsprofilen in Tübbingauskleidungen, tunnel 2/2006, S. 28–33.

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